Leben zu verschenken?

Wer Organspender werden will, muss selbst aktiv werden

Trier. (Sandra Roth) Vor Fragen, die den eigenen Tod betreffen, schrecken viele Menschen erst einmal zurück. Das Thema „Organspende“ ruft kontroverse Meinungen hervor. Was für die einen einen Akt der Menschlichkeit darstellt, wird von anderen als „Ausschlachten“ bezeichnet und abgelehnt. Es fehlt ganz klar an Information und Aufklärungsarbeit. Was nur Wenige wissen - ein Kreuzchen und eine Unterschrift genügen: Allein die eigene Erklärung reicht aus, um Organspender zu werden.

Der Schritt, durch einen Organspendeausweis die persönliche Endscheidung zur Spendenfreigabe eigener Organe schriftlich zu fixieren, bedarf reichlicher Überlegung. Selbst Menschen, die einer Organspende grundsätzlich aufgeschlossen und positiv gegenüber stehen, machen sich die Entscheidung aus Angst vor Papierkrieg, bürokratischen Zwängen und umständlichen ärztlichen Untersuchungen oft schwer. Es herrscht wenig Klarheit über den Ablauf und die Folgen der Entscheidung, Organspender zu werden. Dabei reichen eine einfache schriftliche Erklärung oder das Mitführen eines entsprechenden Ausweises vollkommen aus. Man muss, um Organspender zu werden, weder einen Arzt konsultieren noch einen Behördengang ausführen.

Der Bedarf an Spenden ist gross. Im Jahre 2001 standen auf der Warteliste für eine Nierentransplantation 10.000 Patienten. 2346 Nieren konnten tatsächlich transplantiert werden. Daher muss ein Patient oft vier bis fünf Jahre auf eine Spender-Niere warten, eine Zeitspanne, die manche nicht überleben. Ob eine Organspende „richtig“ oder „falsch“ ist - diese Frage kann man nur für sich persönlich beantworten. Die Erfolgsraten für alle transplantierten Organe liegen dank vielfältiger medizinischer Fortschritte sehr hoch. Aus langfristiger Sicht auch eine Kostenfrage, wenn man bedenkt, dass trotz vorbildlicher Dialyse-Versorgung in Deutschland eine lebensrettende Dialyse ca. 33.000 Euro pro Jahr kostet. Hinzu kommen jährliche Behandlungskosten von 7.600 Euro. Eine Nierentransplantation schlägt demgegenüber einmalig mit knapp 46.000 Euro zu Buche, jährliche Behandlungskosten müssen mit 10.000 Euro veranschlagt werden. Bei Nieren sind beispielsweise selbst nach fünf Jahren noch drei Viertel der transplantierten Organe funktionsfähig. Eine Bilanz hinter deren statistischem Aussagegehalt Schicksale stehen, Menschen, deren kostbarster Besitz - ihr Leben - erhalten, verbessert oder verlängert werden kann. Fest steht: Auch die funktionstüchtige Niere eines über 70jährigen kann einem jungen Menschen wieder ein normales Leben ohne Dialyse ermöglichen.

Die persönliche Einstellung zur Organspende wird immer vom eigenen Glauben, der individuellen Vorstellung eines Lebens nach dem Tode und persönlichen ethischen und moralischen Vorstellungen gelenkt. Der oft zitierte Vorwurf des „Ausschlachtens“ zeichnet ein vollkommen verzerrtes Bild von den Abläufen. Steht der Hirntod eines möglichen Spenders 100prozentig fest, informieren die Ärzte die nächstgelegene Organisationszentrale der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Im Falle einer Zustimmung zur Organspende veranlasst diese die erforderlichen Tests und Untersuchungen. Dann wird die Organentnahme vorbereitet und aufgrund der Datenbank der internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant ein geeigneter Spender ermittelt.

Eine Organentnahme läuft unter den gleichen Bedingungen wie jede andere Operation an einem lebenden Menschen ab. Sie wird mit der gleichen chirurgischen Sorgfalt in einem Operationssaal durchgeführt. Bis zur operativen Entnahme wird der Blutkreislauf im Körper des Verstorbenen aufrecht erhalten. Nach der Operation können die Angehörigen in jeder gewünschten Weise Abschied vom Verstorbenen nehmen. Sie können sich selbst davon überzeugen, dass die Operationswunde verschlossen worden ist. Der Leichnam wird in würdigem Zustand zur Bestattung übergeben.

Die Kirchen sind sich in Sachen Organspende ausnahmsweise einig. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz und der Rat der evangelischen Kirche in Deutschland haben 1990 in ihrer gemeinsamen Erklärung zur Organtransplantation unter anderem formuliert: “Wer für den Fall des eigenen Todes die Einwilligung zur Entnahme von Organen gibt, handelt ethisch verantwortlich, denn dadurch kann anderen Menschen geholfen werden, deren Leben aufs Höchste belastet oder gefährdet ist. (...) Aus christlicher Sich ist die Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod ein Zeichen der Nächstenliebe und Solidarität.“

Hilfe bei der Entscheidungsfindung ermöglichen Gespräche mit Freunden und Familienangehörigen, Hausarzt, Seelsorgern oder Verantwortlichen im nächstgelegenen Transplantationszentrum. Auch die Selbsthilfegruppen oder Betroffenenverbände von Organtransplantierten helfen weiter. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat in Zusammenarbeit mit der deutschen Stiftung Organtransplantation das „Infotelefon Organspende“ eingerichtet: (08 00) 8 04 04 00 Weitere Infos kann man anfordern bei der BZgA, Ostmerheimer Straße 220, 51109 Köln, Fax (02 21) 8 99 22 57, http://www.organspende-kampagne.de

Auch die Website des Bundesministeriums für Gesundheit und soziale Sicherung http://www.bmgs.de enthält Wissenswertes ind Infos zum Thema „Organspende“

Was ist eine Organtransplantation?

.:o:. Bei einer Organtransplantation handelt es sich um das operative Verpflanzen (lat. transplantare) von funktionsfähigen Organen oder Geweben eines Verstobenen auf einen schwerkranken oder beeinträchtigten Menschen. Ziel solcher Operationen ist es, mit Hilfe der verpflanzten Organe oder Gewebe dem Kranken die verlorengegangene Funktion eigener Teile des Organismus wiederzugeben.

.:o:. Nach heutigem Stand der Medizin lassen sich Herz Lunge, Leber, Niere, Bauchspeicheldrüse, Darm und Teile der Haut transplantieren. Zu den Geweben, die sich verpflanzen lassen, gehören die Gehörknöchelchen des Mittelohres, Herzklappen, Teile der Blutgefässe, der Hirnhaut, des Knochengewebes, des Knorpelgewebes, der Sehnen und die Hornhaut der Augen.

.:o:. Für eine Niere oder einen Teil der Leber kommt unter bestimmten Umständen eine „Lebendspende“ in Betracht. Die Spende eines nicht regenerierungsfähigen Organs durch einen Lebenden ist nur unter Verwandten ersten und zweiten Grades, Ehepartnern, Verlobten oder sich besonders nahestehenden Personen möglich.

.:o:. Es gibt keine feste Altersgrenze für eine Organspende. Entscheidend ist allein das medizinische Urteil im individuellen Einzelfall.

.:o:. Als Spender kommen Verstorbene in Betracht, deren Hirntod von zwei unabhängigen, erfahrenen Ärzten festgestellt wurde und bei denen eine Zustimmung zur Organentnahme vorlag. Mit eingetretenem Hirntod sind bewußte Wahrnehmung und Denken für immer verloren. Eine Wiedererlangung des Bewußtseins ist ausgeschlossen.

Warum ein Organspendeausweis?

.:o:. Wann macht ein Organspendeausweis Sinn?
Das Mitführen eines Organspendeausweises ist immer sinnvoll. Wenn ein Mensch stirbt, stellt sich grundsätzlich die Frage, ob seine Organe anderen Menschen zur Verfügung gestellt werden können, um deren Leben zu retten oder zu verlängern. Ein Ausweis als schriftlich fixierte Erklärung schafft Klarheit, nimmt den Angehörigen die belastende Entscheidung ab und ermöglicht schnelles Handeln. Eine testamentarische Erklärung kommt für die Spende häufig zu spät - einen Organspendeausweis kann man im Personalausweis oder im Führerschein ständig bei sich tragen. Falls man einen Ausweis irgendwo an einem festen Ort aufbewahrt, ist es sinnvoll, seine Angehörigen über den Ort der Aufbewahrung zu informieren.

.:o:. Welche Angaben sind möglich?
Die Spendebereitschaft kann man ohne Begründung auf bestimmte Organe und Gewebe beschränken. Auch der Ausschluss z. B. des Herzens ist ohne weiteres möglich. Und natürlich kann man auch angeben, dass man mit einer Organspende grundsätzlich nicht einverstanden ist - und so mit der eigenen Entscheidung Klarheit schaffen. Damit die nächsten Angehörigen die persönliche Entscheidung kennen, ist es wichtig, mit ihnen darüber zu sprechen. Wer eine Entscheidung nicht selbst oder nicht sofort treffen will, kann sie im Ausweis auf eine andere Person übertragen. Die Einwilligung zur Organspende ist jederzeit wiederrufbar. Wer seine Entscheidung rückgängig machen oder widerrufen möchte, braucht nur den Organspendeausweis zu zerreißen oder einen neuen auszufüllen.

.:o:. Wo gibt es den Ausweis?
Organspendeausweise gibt es bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und bei der deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), bei den Kranmkenkassen und den privaten Krankenversicherungsunternehmen, in vielen Apotheken, Krankenhäusern, Einwohnermeldeämtern und Arztpraxen. Darüber hinaus kann man sich Organspendeausweise auch aus dem Internetangebot der BZgA http://www.organspende-kampagne.de herunterladen. Die Ausweise sind kostenlos und nicht mit Spenden, Verflichtungen oder anderen Erwartungen verbunden. Sie gelten auch im Ausland. Alternativ kann man seine Entscheidung auch formlos auf einem unterschriebenen Bogen Papier dokumentieren.

Gesetzlicher Hintergrund und Finanzierung

.:o:. Das 1997 vom Bundestag und Bundesrat verabschiedete Transplantationsgesetz regelt Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben. Spendeorgane werden ausschliesslich zur Behandlung kranker Menschen verwendet. In Deutschland ist bisher kein einziger Fall von Organhandel bekannt geworden. Das deutsche Transplantationsgesetz verhindert die Kommerzialisierung der Organtransplantation und stellt den Organhandel unter Strafe. Auch die Verwendung gespendeter Organe und Gewebe für wissenschaftliche Forschungszwecke ist illegal, wenn keine gesonderte Einwilligung des Spenders besteht. Das Transplantationsgesetz ermöglicht die schriftliche Erklärung der Bereitschaft zur Organspende für Jugendliche ab dem 16. Lebensjahr ohne Zustimmung eines Erziehungsberechtigten. Der Name des Spenders wird dem Empfänger nicht mitgeteilt. Auch die Angehörigen des Spenders erfahren nicht, wer ein gespendetes Organ erhalten hat. Das Transplantationszentrum teilt den Angehörigen auf Wunsch jedoch mit, ob ein Organ oder Gewebe erfolgreich transplantiert werden Die Organspende als freiwillige, humanitäre Entscheidung darf nicht von wirtschaftlichen Überlegungen abhängen, deshalb erhalten Spender bzw. deren Angehörige keine finanzielle Entschädigung. Finanziert werden Laboruntersuchungen, medizinische Tests, Organentnahme, Vermittlung und Transplantation von der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO). Die internationale Vermittlungsstelle Eurotransplant - eine gemeinnützige Stiftung - regelt die Vermittlung der Organe nach medizinisch begründeten Regeln, Erfolgsaussicht und Dringlichkeit im individuellen Fall. Die operativ entnommenen und konservierten Organe werden nach der Ermittlung eines geeigneten Empfängers in ein Transplantationszentrum transportiert und dort verpflanzt. Die Kosten für die Transplantation des Spenders einschliesslich der anteiligen Kosten der DSO übernimmt die Krankenversicherung des Empfängers.